Miniatur aus der Handschrift von 1481

Repro: D. Deubner








Die Heilige Elisabeth und Hermann von Salza [9]


Ausgewählte Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - Teil XVIII

Landgraf Ludwig war Ende Juli von Italien über Augsburg wieder nach Eisenach auf die Wartburg zurückgekehrt. Dieses Ereignis hat Dietrich von Apolda in seiner "Vita der heiligen Elisabeth" geschildert: "Nach einiger Zeit kehrte der Landgraf zurück nach Thüringen. Eine unbändige Freude ergriff das ganze Land, und man empfing den Fürsten in allen Ehren. Alle waren froh, besonders die Mutter des Landgrafen und seine Brüder. Herzlicher aber als sie alle freute sich St. Elisabeth. Sogleich erhoben aber die Dienstleute und die Landverweser vor ihrem Herrn Klage darüber, daß die Fürstin Elisabeth allen Zins und allen Ertrag, der dem Fürsten von seinen ganzen Besitzungen zugeflossen war, durch ihr Almosengeben restlos aufgebraucht hatte. >> Laßt sie in ihrer Wohltätigkeit gewähren und um Gottes Willen geben, was sie will<<, erwiderte ihnen der vortreffliche Herr voller Verständnis …" Noch ein Menschenalter nach Elisabeth und Ludwig haben die Menschen diese außergewöhnlichen Ereignisse lebendig vor Augen gehabt.

Dietrich von Apolda geht auch nochmal kurz auf die Hungersnot in diesem Jahr ein und schreibt dazu: "Nachdem sie eine so große Anzahl bedürftiger und kranker Menschen bis zur Erntezeit beköstigt hatte, kaufte sie für alle diejenigen, die zu arbeiten imstande waren, Hemden, Schuhe und Sicheln, damit sie sich von ihrer Arbeit ernährten; denen aber, die nicht arbeiten konnten, ließ sie Kleider kaufen. Daß alles reichte sie persönlich und freundlich den Armen." Diese Einstellung zum Sinn der Arbeit war Elisabeth sicher von ihrem geistlichen Lehrer, dem Franziskaner Rodeger, nahegebracht worden. Die erste Regel des Franziskus von Assisi stellt die Wichtigkeit der Arbeit heraus. In der Arbeit von Ingrid Würth im Band 59/60 der Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte werden diese und weitere Zusammenhänge an Hand der Protokolle zur Heiligsprechung der Landgräfin anschaulich beleuchtet. Sie schreibt dazu: "Der Bericht über Elisabeths Sorge um die Ärmsten, die sie vor dem Burgtor versammelte und denen sie in der Erntezeit Werkzeug gab, damit sie sich selbst durch ihrer Hände Arbeit ernährten (…), wird … mit Schriftzitaten erweitert: "Du wirst dich von Deiner Hände Arbeit ernähren. Ebenso: Wer nicht arbeitet, soll nicht essen." … Die Regeln des Franziskus von Assisi schrieben … primär die Arbeit als Verdienstmöglichkeit vor."

Ingrid Würth befasst sich auch mit den Anfeindungen bestimmter Hofkreise gegenüber Elisabeth, "die versuchten, Ludwig IV. dazu zu bringen, die ungarische Königstochter nach Hause zu schicken und sich eine andere Braut zu suchen, >> sowohl wegen einer üppigeren Mitgift als auch, um sich nähere Hilfe der Mächtigen zu verschaffen <<. Sie schreibt weiter: "Sehr eigentümlich ist die Angabe, dass die Feindseligkeiten ausgingen >> von einer bestimmten mächtigen Familie des Hofes <<, ohne Nennung von Namen." Hier dürfte es aber Zusammenhänge mit dem Einsatz des Deutschen Ordens in Ungarn von 1211 bis 1225 geben. Zeitgleich mit der Übersiedlung der vierjährigen Elisabeth im Jahre 1211 nach Thüringen rief ihr Vater, König Andreas, Ritter des Deutschen Ordens zur Sicherung seiner südöstlichen Grenzgebiete in sein Land. Das war sicher in Absprache mit Landgraf Hermann I. geschehen. Es gibt leider über die genauen Abläufe dieses schwierigen Ordenskapitels sehr wenige konkrete Angaben. Ich kann mir auch nicht vorstellen, da zur gleichen Zeit Hermann von Salza nachweislich mit Wilbrand von Oldenburg auf Inspektionsreise in Kleinasien war, dass dieser diese Aktion geleitet haben soll. Er wird wohl seine Zustimmung gegeben haben. Die nach Ungarn gesandten Ordensritter sind überwiegend aus den Kommenden in Böhmen, Österreich und Thüringen gekommen. Und so können sich sicher auch Angehörige von landgräflichen Ministerialenfamilien in Ungarn befunden haben. Da nach der Ermordung der Mutter der Elisabeth im Jahre 1213 das Verhältnis zwischen den Ungarn und den Ordensrittern sich sehr schnell verschlechterte, kann es allein schon dadurch zu Anfeindungen gekommen sein. Als dann Mitte der zwanziger Jahre der ungarische König Andreas und der Bruder der Landgräfin, Bela, auch noch militärisch gegen den Orden vorgingen, dürften diese Anfeindungen der ungarischen Königstochter noch zugenommen haben. Und das besonders während der Abwesenheit ihres Mannes.

Elisabeth hatte jedoch eine Fähigkeit, sie konnte Leiden ertragen. Ihr Glaube an Jesus und der von ihrer Umgebung nicht immer verstandene Wille, Jesus nahe zu kommen, ließen sie diese Leiden ertragen. So zitiert Ingrid Würth aus dem Prolog der Protokolle: "Sie strebte danach, sich allem zu enthalten wie im Kampf, die Welt zu verachten, nichts zu verachten, sich selbst zu verachten, zu verachten, dass sie verachtet wurde."

"Wie lange Ludwig IV. die Skandale und Brüskierungen durch das rigorose Armutsstreben Elisabeths noch hätte decken können, wie lange Elisabeth den immer schwierigeren Konflikt zwischen ihren Verpflichtungen als Landgräfin und Ehefrau und ihrer radikalen Christusnachfolge noch ertragen hätte, ist schwer zu sagen. Als Elisabeth im Frühjahr 1226 die beiden einschneidenden Gelübde in die Hände Konrads von Marburg ablegte, stand die Teilnahme Landgraf Ludwigs am nahenden Kreuzzug Friedrichs II. bereits [seit einigen Monaten] fest." Das schreibt Matthias Werner im Heft 1 des "novum castrum". Er fasst damit die vorstehenden Darlegungen zur Seelenlage der Landgräfin im Jahre 1226 auf den Punkt zusammen.

Landgraf Ludwig hatte die nächsten Wochen mit der Vorbereitung seines Kreuzzuges zu tun. Die ihm vom Kaiser Friedrich II. übertragenen Aufgaben werden ihn voll gefordert haben. Im November war er auf einem Hoftag in Würzburg, zu dem er wohl schon etwas verspätet kam und den er auch etwas früher wieder verließ. Das lässt sich aus den Zeugenlisten entnehmen. Für Elisabeth brachte der Herbst jedoch ein trauriges Ereignis. Der Gründer des Ordens, den sie in Thüringen doch sehr unterstützt hatte, Franz von Assisi, war am 3. Oktober 1226 in Assisi gestorben. Einige Monate vor seinem Tod soll er der Landgräfin noch einen Ordensmantel geschenkt haben.

Wie Elisabeth die Abfahrt ihres geliebten Gatten Ludwig zum Kreuzzug erlebte, bringt der nächste Teil.

Dieter Deubner

Bad Langensalza 1. November 2007


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